Hermaphroditen, Ovid
Last edited on June 2, 2006
Wichtige Fragen in der Rubrik Vom Fachmann für Kenner der aktuellen Ausgabe der Titanic:
Neulich im Hermaphroditen-Forum
»Wenn ich beim Masturbieren nicht verhüte Ist das dann schon Inzest?«Dabei war ich doch ein bißchen erstaunt, daß viele meiner Freunde etwas mit dem Begriff "Hermaphrodit" anfangen können wollten. Das hätte ich nicht gedacht. Der Ursprung in der griechischen Mythologie ist allerdings unbekannter gewesen, also will ich kurz wiedergeben, wie Ovid in seinen Metamorphosen die Geschichte beschreibt (IV. Buch, etwa Verse 285 bis 388), denn jene ollen Mythen sind durchaus lustig und wirken oft, zumindest aus heutiger Sicht, etwas absurd:
Hermaphroditus, benannt nach seinen Eltern, den Göttern Hermes und Aphrodite, verläßt mit fünfzehn Jahren die Heimat und gelangt an den Teich der Nymphe Salmacis. Diese ist ganz anders als ihre Schwestern, immerhin die Nymphen der Jagdgöttin Diana, gar nicht auf Sport und Jagen aus, viel lieber badet sie in ihrem Teich, kümmert sich um Haare und Kleidung und ruht lieber auf weichem Laub. Als sie gerade Blumen pflückt, erblickt sie schließlich den jungen Hermaphroditus und ist gleich völlig hin und weg nach dem, der seinen göttlichen Eltern gleicht. Sie eilt, nicht ohne sich noch vorher hübsch gemacht zu haben, zu ihm:
Der Knabe ist völlig überrumpelt und will fliehen, "wußt' er von Liebe doch nichts!" Salmacis erschrickt, beschwichtigt ihn, sie lasse ihn in Ruhe und würde ihm sogar ihren Teich gastfreundschaftlich überlassen, und gibt vor fortzugehen. Allerdings versteckt sie sich nur und beobachtet ihn.
Hermaphroditus, nun vermeintlich alleine, beschließt, baden zu gehen:
Als er schließlich in ihre Quelle springt, ruft sie laut: "Sieg! Er ist mein!", springt ihm nach und klammert sich an ihn, "raubt dem Wehrenden Küsse", "berührt ihm zuleid seine Brust", schmiegt sich an ihn wie eine Schlange, wie Efeu an einen Stamm, wie eine Krake unter Wasser. Er jedoch, völlig überrumpelt, sträubt und wehrt sich, "verweigert standhaft der Nympfe [..] die erhofften Freuden". Was diese natürlich erbost:
Das ist der Mythos zum Begriff Hermaphrodit, der auch heute durchaus noch in der Zoologie oder auch der Medizin so gebräuchlich ist. Nach der Verwandlung, der Metamorphose, des Hermaphroditus kommt noch als eigentliches Ende die Metamorphose des Teiches: Hermaproditus fleht seine Eltern, "schon mit männlicher Stimme nicht mehr", an, sie mögen das Gewässer mit einen "mannheitsverderbenden Zauber" belegen, auf daß wenigstens auch zukünftig jeder Mann zum "Halbmann, verweibt, [werde], sobald ihn berüht seine Wellen!"
(In meiner Kurzfassung habe ich aus der Übersetzung der Metamorphosen von Erich Rösch zitiert, dtv, 1997, ISBN: 3-423-12456-3.)